Saturday, November 12, 2005

Etwas hatte sich verändert



Fast die gleiche Zeit, eine Woche später. Immer noch zu mild für November, immer noch Sommerstücke auf der Treppe zur Terrasse.

"Ein Nachtrag. Der Vollständigkeit halber, wegen der Lust am Erzählen, aber auch, um aufzubewahren, was, als wir es noch nicht sehen konnten, schon auf der Kippe stand: auf der Kippe zum Nichtmehrsein."

Ist es das, was uns zum Schreiben bringt, zum Ausschneiden von Papiermomenten aus der Tageszeit, um sie dann der Magnetwand anzuvertrauen, die sie entgegen der Gravitationskraft von Zeit und Raum genau an diesen einen Punkten hält, in diesem einen Mosaikmuster unserer konzentrierten Kalendertage, in Symbolen die wir nur durch unsere eigene Erinnerung entschlüsseln können?

Und ist es die Überrschung, dieses eine Muster in anderer Art zu sehen, in Worten die ein anderer Mensch geschrieben hat, die uns an einen Text fesselt?

"Etwas hatte sich verändert.
Etwas würde sich verändern, heute sagen wir alle, wir hätten gewußt, dass es so nicht bleiben konnte. Der Schrei jedoch, der uns in der Kehle saß, ist nicht ausgestoßen worden. Aus unserer Haut sind wir nicht herausgekommen, anstelle der Netze, die wir zerrissen, haben sich neue geknüpft. Spinnwebfein oder dick wie Stricke. Wieder haben wir Zeit gebraucht, sie zu bemerken."


Und auch das Bemerkenswert: dass unsere Erinnerung nicht trägt. Dass sie sich verändert, mit jedem Erinnern, mit jedem Verknüpfen mit dem Jetzt. Wie ein Buch, das bei jedem Aufschlagen seine Worte ein wenig verschiebt, je nach Ort und Stimmung. Schwer sich diese Weichheit der Wahrnehmung vorzustellen. Schwerer noch, sich daran zu erinnern, beim Driften durch das, was war, was immer noch ist, in uns.

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