Friday, July 14, 2006

blogweek



this week, i finished the Milan Kundera book, and added some lines from it to my German blog together with a photo collage of being there: "Vom Leben und der Unendlichkeit".

how i like those collages.

it really is a way to let go of the leaflet words and libary pages, while treasuring their imprint in the virtual world. which also goes for the other moments of the week - together they turned this week into mo(nu)ment mail blog read phone dig in the garden make a cinema date sweep the floors sort the shoes see my chiropractice - week. all those things that waited to be done. i even had the mood to fix that black trouser that needed fixing since about 3 years. and now it's perfect for the hot weather.

Monday, July 10, 2006

Vom Leben und der Unendlichkeit



4 Tage in Prag. Moldau, Wenzelsplatz, die Burg, der jüdische Friedhof, Nove Mesto, Mala Strana. Miss Sofie und Trinidad. Museum Kampa, Frantisek Kupka & Otto Gutfreund. Palace Kinskych, Landscape in Czech Art. Wallenstein Riding School, Albrecht Dürer. Eine Ecke weiter, das Franz Kafka Museum.

14 Tage später hallen die Momente in der Bücherei nach. Ka, denke ich. Ka wie Kafka. Ka wie Kundera. Und: Ka wie Kerouac. Standen diese Bücher schon immer hier? Das Zeichen für eine gute Reise: wenn sie auch nach dem Heimkommen zu neuen Orten führt.

Ich ziehe ein Buch von Kundera aus dem Regal, mehr von der Farbe und dem Titel geführt als von literarischen Empfehlungen. „Die Unwissenheit“ heißt das Buch. Es spielt in Paris und Prag, verrät die Rückseite. Und handelt vom Leben und der Unendlichkeit. Dabei erläutert es fast beiläufig die Vergangenheit des Landes, das so lange Zeit jenseits der Mauer lag.

Die Geschichte der Tschechen in diesem Jahrhundert schmückt sich aufgrund der dreifachen Wiederholung der Zahl Zwanzig mit einer bemerkenswerten mathematischen Schönheit. 1918 bekamen sie nach mehreren Jahrhunderten ihrem unabhängigen Staat und 1938 verloren sie ihn wieder.
1948 eröffnete die aus Moskau importierte kommunistische Revolution mit Terror den zweiten Zeitraum von zwanzig Jahren, der 1968 zu Ende ging, als die Russen, wütend über seine freche Emanzipation, das Land mit einer halben Million Soldaten überfielen.
Im Herbst 1969 richtete sich die Besatzungsmacht mir ihrem ganzen Gewicht ein und zog, ohne dass jemand es erwartete, im Herbst 1989 friedlich, höflich wieder ab, wie es damals alle kommunistischen Regime in Europa taten: die dritten zwanzig Jahre.
..
Während dem, was ich ihre ersten zwanzig Jahre nenne, (zwischen 1918 und 1938), glaubten die Tschechen, ihre Republik hätte eine Unendlichkeit vor sich. Sie irrten sich, aber gerade weil sie sich irrten, haben sie diese Jahre in einer Freude verlebt, die ihre Künste zum Erblühen brachte wie nie zuvor.
Da sie nach der russischen Invasion nicht die geringste Ahnung vom baldigen Ende des Kommunismus hatten, stellten sie sich wiederum vor, in einer Unendlichkeit zu leben, und nicht das Leid ihres realen Lebens, sondern die Leere der Zukunft hat ihre Kräfte erschöpft, ihren Mut erstickt und diesen dritten Zeitraum von zwanzig Jahren so feige, so erbärmlich gemacht.


Der Schatten dieser dunklen Jahre, er zeichnet die Strassen von Prag immer noch. Viele der alten Gebäude sind renoviert, neu gestrichen, in hellen Farben. Doch die Statuen der Vergangenheit tragen noch schwarz. Die Bilder, die auf der Karlsbrücke an den Verkaufsständen hängen sind bunt. Die Bilder im Kampa Museum sind es nicht. Die Viertel an der Moldau wirken fast unwirklich. Wie eine Zeitbühne. Wie aus einem Traum. Ob Kerouac hier war? Im Kampa Park, in der Nacht?

Ich hab auch vom Park geträumt, 'der gewohnte Staub unter den Füßen' war eine prophetische Phrase des Traums, und in ihm liegen Mord oder Entsetzen oder Tod, Abenteuer in der schicksalhaften Düsternis - die Gershom Wohnblocks, die Omaha Garage, Riverside Street und der riesige Eisenbaum - die alten Häuser, darunter Friedhöfe, die versunkene Düsternis der Verlorenen
Nun in die Einsamkeit
tauche ich noch einmal ein
im eigenen schweigenden Raum
des heiteren Geistes
mich and die Welt
erinnernd

Steht dort. In Jack Kerouac's Traumtagebuch. Veröffentlicht 1961, in San Fransicso. Im Vorwort, das ich erst nach einigen Träumen lese, dann die Verknüpfung der Träume mit den Büchern, und einen kurzen Paragraph weiter, mit dem Leben, dem Kommunismus und der gesamten Welt.

Die Tatsache, dass jeder in der ganzen Welt jede Nacht träumt, die gesamte Menschheit miteinander darin verbunden ist, sozusagen eine stillschweigende Vereinigung. Hier liegt auch der Beweis dafür, dass die Welt tatsächlich transzendental ist, was die Kommunisten nicht glauben wollen, weil sie ihre Träume für 'unwirklich' halten, anstatt für Visionen dessen, was sie in ihrem Schlaf gesehen haben.

Im Gegensatz dazu, Kafka. Bei ihm findet sich die Welt im Mikrokosmos, in seinen Büchern, die in wenigen Räumen spielen, oder in einem achtzigseitigen Brief an den Vater, in dem Kafka im Alter von 36 Jahren noch einmal zurück in seine Vergangenheit geht, zu all den Dingen, die ihn nicht ruhen lassen, und in dem er in wenigen Worten wie in einem Spiegel ein schmerzhaftes Porträt seiner selbst zeichnet.

Die Schwestern gingen nur zum Teil mit mir. Am glücklichsten in der Stellung zu Dir war Valli. Am nächsten der Mutter stehend, fügte sie sich Dir auch ähnlich, ohne viel Mühe und Schaden. Du nahmst sie aber auch, eben in Erinnerung an die Mutter, freundlicher hin, trotzdem wenig Kafkasches Material in ihr war. Aber vielleicht war Dir gerade das recht, wo nichts Kafkasches war, konntest selbst Du nicht derartiges verlangen; Du hattest nicht, wie bei uns anderen, das Gefühl, daß hier etwas verlorenging, das mit Gewalt gerettet werden müßte.

Die Elli ist das einzige Beispiel für das fast vollständige Gelingen eines Durchbruches aus Deinem Kreis. Von ihr hätte ich es in ihrer Kindheit am wenigsten erwartet. Sie war doch ein so schwerfälliges, müdes, furchtsames, verdrossenes, schuldbewusstes, überdemütiges, boshaftes, faules, genäschiges, geiziges Kind, ich konnte sie kaum ansehn, gar nicht ansprechen, so sehr erinnerte sie mich an mich selbst, so sehr ähnlich stand sie unter dem gleichen Bann der Erziehung. Besonders der Geiz war abscheulich, da ich ihn womöglich noch stärker hatte. Geiz ist ja eines der verlässlichsten Anzeichen tiefen Ungücklichseins. Ich war so unsicher aller Dinge, daß ich tatsächlich nur das besaß, was ich schon in den Händen oder im Mund hielt, oder was wenigstens auf dem Wege dorthin war, und gerade das nahm sie, die in ähnlicher Lage war, mir am liebsten fort.

Das tiefe Unglücklichsein. Und gleichzeitig, die Unerträgliche Leichtigkeit und Schwere des Seins. Sie bringt mich zurück zu Kundera, zu der Zeile, die sich fand, dort in Prag in einem Buch namens "The Coasts of Bohemia," in einem Buchladen names Anagram.

We shall flee rest, we shall flee sleep,
We shall ouststrip dawn and spring
And we shall fashion days and seasons
To the measure of our dreams.

Das Maß unserer Träume. Das Leben, anderswo, hier. Und all die Bücher, die Geschichten, die Verknüpfungen und Wege, die sich daraus ergeben. Danke dafür, Ka.

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