Tuesday, April 11, 2006

Q wie Quadrat, V wie Vendetta



Die Magie des Realen - ist eine Ausschreibung der KSK Kirchheim. Und Anlass für einen Aprilausflug, um einen Wintermorgen auf der Ostalb in die Alleenstrasse 160 zu eskortieren. Dabei bietet sich beim Anstehen einerseits ein überraschender Ausblick auf die verschneite Teck (Mount Fuji, such a lonely mountain), und andererseits Anblicke der zur gleichen Zeit wartenden Bilder und BildnerInnen. Das Ungesagte, Nummer 213, länglich in grün-schwarz, rahmenlos. Segmente, Nummer 214, in Form zweier Quadrate, in Metall gefasst. Dazu, die Erläuterung der Realmagie in kleingedruckten Zeilen.

Die Einsicht, dass das Reale eine rationale und eine irrationale Seite hat, aus deren Durchmischung oder Zusammenprall die Magie entsteht, etwa die der Liebe oder die des Todes. Einen Hinweis verdient auch die Magie des Schauens, Fühlens und Denkens, die sich im Urbanen ebenso vollziehen kann wie in der Natur.
- KSK Kirchheim


Vom Urbanen zur Natur, das entsprach auch der weiteren Ausflugs-Route: von Kirchheim nach Waldenbuch. Nicht über den schnellsten Weg, auch nicht über den direktesten Weg, sondern über Nebenstrecken die zunehmend quer zu den Hauptverkehrsflüssen liefen, um dann in das Aichtal einzubiegen. Dort, Wald in rot, und grün. Und dann - die Aich, in tiefem kakaobraun, und mit doppeltem Bachlauf, der sich dann weiter oben in mäandernde Wasserschlingen legt. Die Straße dazu, gerade und gleichzeitig beschwingt.

Dann Waldenbuch, Sitz der offiziellen Schokoladenverwaltung, und neuerdings mit Museum Ritter. Ein Rotes Schild deutet den Weg: SQUARE erklärt es, und square ist auch das angezeigte Gebäude, die aufklebbare Eintrittskarte und die ausgestellten Exponate. Etwas ungewohnt, die Atmosphäre, zwischen Schokoshop und Shoppingbusgruppen, aber dann doch: Museum. Mit Foyer, Begleitprogramm und Audioguide. Mit rechteckigem Flur, der zum ersten Quadranten der Ausstellung führt: Ein Raum zum Kontaktaufnehmen mit dem Quadrat und dem Ausstellungskonzept.

Die Vielfalt malerischer und plastischer Konzepte zum Quadrat, seine anhaltende Lebendigkeit als Form und die spannenden Verbindungslinien, die sich quer durch die Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts ziehen lassen... ein nicht enden wollender Strom von Kunstwerken, die sich ernsthaft, spielerisch, mathematisch, spirituell, analytisch und witzig mit dem „Viereck mit vier rechten Winkeln“ (Duden) beschäftigen.
- Museum Ritter

Im ersten Stock dann das Eintauchen in die Quadratur: Hommage to the Square. Von Josef Albers, in gelb, weiß und grau. Anfang von 2 Quadraten. Von El Lissitzky, in gelb, rot und blau. Blaues Quadrat. Von Carl Buchheister, in blau, grau und weiß. Dazu, französiches Stimmengewirr im Hintergrund. Keine Installation, sondern Schüler und Schülerinnen auf Ausflug. Eine junge Französin setzt sich auf die schwarze Bank, mit Blick auf die Bilder. Ihr Haare, schwarz mit roten Strähnen. Ihre Strümpfe, geziert von gekreuzten Knochen. Ein junger Mann setzt sich dazu, auf die andere Seite. Für einen Moment schauen sie die Quadrate an, während sie selbst ein Bild bieten. Dann öffnet sich eine Aufzugstür, jemand ruft etwas, die Frau dreht sich, die Szene löst sich auf.

Die Quadrate bleiben.

Später dann, daheim, Lichtstrahlen, die über ein Dach laufen, und durch ein Fenster fallen. Warum werden die meisten Häuser eigentlich eckig gebaut? Und noch eine andere Frage, zur Kunstkritik, gestellt und nicht unbeantwortet im Anhang an V für Vendetta, von allen Orten.

"Woher kriegen Sie Ihre Ideen her?"
"... das ist im trostlosen und verwirrenden Bodensatz der Meinungen und Halbwahrheiten, der die gesamte Kunsttheorie und -kritik ausmacht, die einzige Frage, die es Wert ist, gestellt zu werden. Doch wir kennen die Antwort darauf nicht und haben Angst, dass das jemand herausfinden wird."
- Alan Moore.

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