Sunday, October 28, 2007

Zeit Reisen



Manchmal liegen Dinge neben der Zeit. Machmal passt die Zeit genau zu den Dingen. Wie vorletzte Woche. Als die neue Zeit im Briefkasten lag, während ich anfing, den Koffer für Kreta zu packen. Und dachte, die Seiten, die werde ich wohl eher daheim lassen. Bis ich die Beilagen sah. Zeit Reisen. Und: Zeit Leben, diesmal als Magazin, das ein DeLillo Buch ist.

Zeit Reisen. Sie beginnen mit dem Taj Mahal in Mumbai. Mit einem Blick aufs Meer. Und mit Geschichten über Zeilen, die in Hotels ihre Form fanden. So kommt es, dass ich in Kreat mit Blick aufs Ägäische Meer über Borroughs im Le Relais Hotel in Paris lese. Wo er mit Ginsberg zusammen Texte zerschnipselte und neu zusammenfügte. CutUp. Und wo er neue Verknüpfungen von Zeit um Raum entwarf. 1960 war das.

Wir hatten die Zusage, dass wir evakuiert werden, aus der Zeit in den Raum.

Szenenwechsel. Oder eher: Zeitwechsel. Zu Don DeLillo, 2007. Der in dem Magazin, das ein Buch ist, auch ein Interview gibt. Über das Schreiben. Und über das Zusammenfügen.

Ich denke Satz für Satz, Stein auf Stein. Wie Hemingway gesagt hat, get black on white, setze schwarze Buchstaben auf weißes Papier, dann folgt ein Satz dem nächsten. Die Sätze bringen mir auf eine merkwürdige Art etwas über das Buch selbst bei. Ich begreife erst während des Schreibens, was ich wirklich sagen will.
Bei Falling Man habe ich zwei Drittel des Buchs innerhalb eines Jahres geschrieben, indem ich meinem Instinkt gefolgt bin. Dann habe ich die einzelnen Teile neu zusammengefügt, um eine innere Struktur zu schaffen, eine Balance, einen Rhythmus, damit bestimmte Elemente in einem sinnvollen Abstand immer wieder auftauchen können.

Hemingway. Er ist auch Teil der Zeit Reisen. Mit einem Satz über das Hotel Taube Schruns in Österreich. Zu dem er gegen Ende November fuhr, um beinahe bis Ostern zu bleiben. Ein paar Seiten weiter schließt sich dann der Kreis: mit einem Bericht über das lutherische Hospiz in Jerusalem. Ein Ort, der unerwarteterweise auch in dem Buch vorkommt, das ich für die Zeit in Kreta gekauft habe: The Cretan Runner. Von George Psychoundakis. Der darin von seinem Leben als Bote in der Zeit der deutschen Besatzung erzählt. Eine Geschichte wie aus einer anderen Welt, vor allem wenn man sie hier liest, an den Orten, von denen er erzählt. Eine Geschichte, die ebenfalls eine Reise beinhaltet: mit einem englischen Offizier kommt Psychoundakis nach Cairo. Bis zu seiner Rückreise nach Kreta sind es 4 Wochen. Genug Zeit, um eine Pilgerreise nach Jerusalem zu machen. Von Tel Aviv nimmt er den Bus. Und schreibt Zeilen, die auch vom Jetzt und Hier aus Kreta stammen könnten.

Aber hier gab es saubere, sonnengewaschene Luft, die tief in meine Seele sank, und ein Gefühl von wahrem Glück weckte.

All die Sonne. Gerade jetzt, als die Uhren zur Winterzeit zurück kehrten. So kurz vor November, getragen aus der Zeit in den Raum.

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