Friday, January 11, 2008

Warten



Januar. Ich sehne mich nach Frühling, nach der Rückkehr der Farben. War Winter schon immer so lang und frostig? Gut, dass man das alles bis zum Mai vergisst, und sich im Herbst dann wieder auf Schnee freut.

Auf dem Sofa liegt Audrey Niffenegger. Das Buch hatte ich für Kreta gekauft, hatte es auch mit, aber nicht gelesen. Jetzt ist die richtige Zeit für die Frau des Zeitreisenden, für Niffeneggers fiktionale Zeilen zum Leben und zum Lauf der Zeit.

Ich habe viel darüber nachgedacht, wie wir uns erinnern. In der Erinnerung trifft ja vieles aufeinander, was ursprünglich zeitlich nicht zusammenhing. Wir werden alle von Erinnerungen, der Vergangenheit und unseren Genen bestimmt. Aber in der Gegenwart gibt es so etwas wie unseren freien Willen. Auch wenn er nicht für alle Zukunft gilt.

Das ewige Gedankenspiel: was wäre, wenn man sich auch durch die Zeit bewegen könnte? Würde ich meine Zukunft wissen wollen? Und wie wäre das Leben dann, mit diesem Wissen.

Einige Seiten später dann, wie so oft, die Neugier nach der Person hinter der Geschichte. Schön, dass es ein Interview online gibt. Überraschend, was Niffenegger darin sagt.

Wie ihre Romanfiguren verweigert Niffenegger sich dem Mainstream. Sie lebt ohne Fernseher, mit zwei Katzen, zwei Skeletten und ein paar anderen Biestern. Ihre Liebe zu toten Dingen ist nicht morbide, sondern Ausdruck überbordender Lebenslust.
"Man sollte in dem Bewusstsein leben, dass man sterben muss", erklärt Audrey Niffenegger, "es gibt dem Leben Tiefe, sonst erschienen die Dinge ein wenig inkonsequent. Wenn ich früher Geschichten gezeichnet oder geschrieben habe, musste ich immer alle Figuren umbringen. Vorher war die Geschichte nicht beendet. Inzwischen habe ich gelernt, diesen Impuls zu bändigen."


Und noch eine Zeile, die hängenblieb:

"Damit etwas Punk ist", so die Autorin, "muss es etwas zu tun haben mit Energie und Ehrlichkeit. Die zentrale Idee von Punk lautet: Mach es selbst und glaube keine Lügen, die man dir erzählt."

Noch 43 Seiten Zeitreise.
Noch 20 Tage Januar.

Warten, fällt mir da ein. Warten - das ist auch etwas Schönes.

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