Thursday, June 07, 2007

Einbruch in die Freiheit



Die neue Zeit ist da. Jetzt mit farbigem Leben, in DinA4. Und mit ausklappbarem Blick. Auf Orte, die so noch nie zu sehen waren.

Dazu, im Literaturteil, sechs Seiten Lyrik, sonst nichts. Alles Lyrik, bestätigt die rechte Spalte dann auch noch einmal. Weil die Dichtung alle überfordert, ergänzt dazu Iris Radisch im Intro-Artikel, lässt sich davon aber nicht beirren, und macht sich stattdessen auf die Suche nach dem Geheimnis, das den Zauber von gebrochenen Zeilen auf Papier begründet:

Ein Gedicht, so spürt man, ist nie nur die Summe seiner Teile, sondern immer ein Organismus, der stirbt, wernn man ihn zerschneidet. Deswegen ist auch wahr, was oft behauptet wurde: Gedichte versteht man nur, während man sie liest. Nicht davor und nicht danach. Gedichte sind keine Gegenstände, eher Zustände. Deswegen können wir sie auch schlecht zu uns herüberziehen, in die Prosa unserer Verhältnisse. Wir müssen uns schon aufmachen, zu ihnen zu kommen. Nur so erfahren wir endlich einmal etwas vollkommen Neues.

Ich blättere zur nächsten Seite, gespannt auf dieses vollkommen Neue. Und treffe - Mascha Kaléko. Die Teil vom letzten Literaturcafe war, mit ihren Liebeszeilen, die jemand zum Thema Tod mitgebracht hatte - Das berühmte Gefühl.

Doch als ich starb zum dritten Mal,
Da schmerzte es nicht sehr.
So altvertraut wie Bett und Brot
Und Kleid und Schuh war mir der Tod.
Nun sterbe ich nicht mehr.


Mehr über Dinge, die neu sind, und Dinge, die niemals neu sind: eine Woche später, an der fast gleichen Stelle, eine Zeit weiter. Jiddu Krishnamurti, Einbruch in die Freiheit.

Das Denken ist niemals neu. Wenn wie einen Gedanken in uns erkennen, ist er bereits alt. So ist das, wovor wir uns fürchten, die Wiederholung des Alten, des Vergangenen, der Gedanke an das, was gewesen ist, projiziert in die Zukunft.
Wir fürchten uns vor dem Tod, das heißt vor etwas, das sich morgen oder übermorgen, im Laufe der Zeit ereignen wird. Es besteht ein Abstand zwischen der Wirklichkeit und dem, was sein wird. Es ist der Gedanke, der die Furcht vor dem Tod erzeugt. Und wenn er das nicht tut, gibt es dann überhaupt Furcht?

Ich blättere weiter, blättere zurück zum ausklappbaren Blick. Um den zu erhalten, hat der Fotograf seine Kamera an einem sechs Meter langen Arm befestigt. Und das Motiv dann aus Einzelaufnahmen zusammengesetzt. So gelangte er zu der neuen Perspektive.

Sechs Meter. Entspricht das nicht ungefähr auch dem Abstand zwischen der Wirklichkeit, und dem, was sein wird, wenn man die Lyrik nicht mitrechnet?

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