Sunday, December 21, 2008

A bis Z



Im Januar 2007 hat es angefangen. Mit dem Plan zu reduzieren, und dabei zu intensivieren. Was übersetzt für die Bücherei hieß: A.

A wie Alphabet. A wie Auswahl. A wie Autor.

2 Jahre später bin ich nun bei Z angelangt.

Z wie Ziel. Z wie Zeilen. Z wie Zufall.

Zufall, weil ich nicht in Zeiträumen geplant hatte. Nicht auf den Dezember als XYZ zugesteuert bin. Und auch nicht auf Yoshimoto. Die nun den Abschluss bildet, zusammen mit Zola. Und in deren Nachwort sich ein bemerkenswerter Satz findet.

"Ich schreibe, weil es schon immer etwas ganz Bestimmtes gegeben hat, das ich sagen wollte, und ich werde um jeden Preis schreiben, bis ich diese eine Sache nicht mehr sagen will."

Und damit eine Antwort gibt auf die Frage, die ganz am Anfang dieses Blogs stand. Am 7. November 2005. In Sommerstücken im November:

"Woher kommt dieses Bedürfnis überhaupt, die Momente zu skizzieren, in Worten, auf Papier, sie zu drehen. Dieses Bedürfnis, geschriebene Worte zu teilen. Und diese Versuche, in Sätzen auf den Grund der Dinge zu tauchen."

Und nun?

Geht es an einem anderen Ort weiter. In einer anderen Sprache. In virtualnotes.

Und auch: mit einer neuen Bücherei. Die sich 3 Ecken von hier befindet, in der ich aber noch nie war. Was ein guter Grund ist, dort nun einmal vorbeizuschauen.

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Monday, December 15, 2008

Shakespeare and Company



Der Winter ist da, samt Schnee und Kerzen und Nachtfrost. Überall gibt es Listen mit den besten Büchern des Jahres. Besonders nett: die Top Ten Top-Ten List der NewYorkTimes. Amüsant ernsthaft ironisch zu nehmen, je nach Laune.

Ich bin bei meinem eigenen Bücher A bis Z mittlerweile bei Z angelangt: Stefan Zweig. Und: Emile Zola. Doch vor der Lektüre kam dann Nick Hornby dazwischen, mit seinen gesammelten humorigen Berichten aus seinem Leben als Leser, denen jeweils eine Liste der gekauften Bücher vorangeht - und eine Liste der tatsächlich gelesenen Bücher. So eine Art Soll und Haben, samt Erklärung:

Das Buch von Franci Wheen und NoteEven Wrong von Paul Collins waren Leseexemplare, die ich zugeschickt bekam. Ich hatte keine Ahnung, dass ich Wheens Buch würde lesen wollen, bevor ich es in der Post hatte, und nur wegen Wheen las ich dann Lewis, und dann kam Not Even Wrong, und das wollte ich auch lesen, deswegen fiel Buchans Grünmantel unter den Tisch, und zwar endgültig, fürchte ich. Leser sein ist beinah so, als wäre man Präsident, nur dass Lesen in der Regel weniger Staatsempfänge mit sich bringt. Man hat seine Agenda, die man abarbeiten will, doch dann komm einem das Tagesgeschehen dazwischen, Bücher in der Post / der Dritte Weltkrieg, und man lässt sich kurzzeitig vom eingeschlagenen Weg abbringen.

Dazu gibt es parallel Rendez-vous aus dem literarischen Paris: eine kulinarische Reise durch das Paris der zwanziger Jahre von Suzanne Rodriguez-Hunter, die jedem Jahreskapitel eine kurze Liste mit den wichtigsten Ereignissen in den Vereinigten Staaten und in Paris voranstellt.

Das Schöne an dem Buch: beim Lesen treffe ich alle paar Seiten auf alte Bekannte der letzten 2 Lesejahre, die wiederum auf ihre Bekannten treffen: James Joyce, Gertrude Stein, Ernest Hemingway, Djuna Barnes, Scott Fitzgerald...

Ein paar Tage, nachdem sie nach Paris zurückgekehrt waren, schenkte Fitzgerald Hemingway eine Ausgabe seines soeben erschienenen Romans, Der Große Gatsby. Da er Fitzgerald mittlerweile gründlich satt hatte, begab sich Hemingway äußerst widerwillig an die Lektüre, konnte sich aber dem Zauber, der von ihr ausging, nicht lange entziehen. Wenn Fitzgerald solch ein großartiger Roman gelingt, dachte er, wäre es ihm auch zuzutrauen, einen noch wundervolleren zu Papiere zu bringen. Hemingway nahm sich fest vor, ab sofort alles Erdenkliche zu tun, um Fitzgerald zu helfen und ihm ein guter Freund zu sein, ganz gleich, welche Verrücktheiten er sich noch leisten würde.

Damit wäre nun auch klar, wer als nächstes kommt: Fitzgerald. Und dann, nach A bis Z, vielleicht auch, ein anderer Ort. Eine andere Lesart.

Tuesday, November 25, 2008

7 Tage voller Worte



Sommersonneninselauszeit. 7 Tage Lanzarote. Während der Schnee in Europa anfängt, zu fallen, lese ich "The Sea" von John Banville. Booker Prize Gewinner 2005. "They are like hits of some delirious drug, these sentences." Kommentierte Daily Telegraph. Das einzige Problem: das Buch hat nur 262 Seiten. Jede Seite davon, gefüllt mit Schicht um Schicht von Gedanken. Mit Sätzen wie diesen:

The past beats inside me like a second heart.

"Patient," Anna said to me one day towards the end, "that is an odd word. I must say, I don't feel patient at all."

At what moment of all our moments is life not utterly changed?

„Du bist schon ganz voller Worte,“ sagt Ronnie. Ich lache. Er hat Recht. Wie kann man 262 Seiten auf 1 Woche strecken?

Die Rezeption hat die Antwort. Linwood Barclay. (Bin ich nun plötzlich wieder bei B? Das Buch vom Flug ist auch B. Frank Baum. The Wonderful Wizard of Oz. Witzig. Aber passend, jetzt, während ich fast durch bin mit dem Lese-Alphabet. Also dann, von V nun für eine Weile zur nächsten Runde des Alphabets. Und von Banville zu Barclay. No Time for Goodbye.)

Das Schöne an der Inselzeit: Die Tage sind länger. Ich lese das Barclay-Buch an einem Tag. Es spielt in 1983. Und gründet auf der Frage: Was, wenn du aufwachst, und deine Familie ist über Nacht verschwunden?

Im zweiten oder dritten Kapitel stolpere ich bei Barclay über King, und dabei auch über die Antwort, warum Menschen Gruselbücher lesen.

„On the single bed in my dorm room, Cynthia had fallen asleep reading a tattered paperback copy of Misery by Stephen King. Cynthia wasn’t an English major and could read whatever the hell she wanted, and found comfort sometimes in reading about people who had gone through worse than her.“

Von Barclay und der Grausamkeit der Welt geht es dann zurück zur See, zu Banville. Aber irgendwo im Hinterkopf blieb King. Und bei einem weiteren Gang zur Rezeption, 2 Tage später, strahlt er mir dann in orange entgegen: „Cell.“ Die unsubtile Frage, die hinter dem Buch steht, und die seltsam schön in das sonnige Ferienidyll passt:

Was, wenn die Welt verrückt wird?

Oder, wie Banville es in 3 Worten fasst: "Honestly, this world."

Sunday, November 16, 2008

Oz



we're here. in Lanzarote. and i just finished the paperback i brought for the flight: The Wondrous Wizard of Oz. it's a penguin classic, and comes in green colour.

i read it somewhen before, but it felt like reading it anew. there are so many curious passages in it. and i didn't remember it: Kansas, the place Dorothy is coming from, is described as „grey“. while Oz is full of colours. there even is a huge field of flowers that is part of one of her adventurous, here:

„Aren't they beautiful?“ Dorothy asked.
„I suppose so,“ answered the scaregrow. „When I have brains, I shall probably like them better.“
„If only I had a heart I should love them,“ added the Tin Woodman.
„I always did like flowers,“ said the cowardly Lion. „They seem so helpless and frail. But there are non in the forest so bright as these.“


it's another curiousity, that i keep stumbling over all those passages that seem to relate to 2028 in other books.

Tuesday, November 11, 2008

Das grüne Haus



November. Sonne. Mario Vargas Llosa. In Südamerika ist jetzt Frühling, denke ich, als ich die Biografie aufschlage. Grasgrün ist sie. Und der Suhrkamp-Roman dazu, zitronengelb.

Die Biografie hätte passender nicht sein können. Während ich an einem Schreibprojekt mit ineinander verschachtelten Storylines puzzle, finde ich darin eine Skizze seines Romans "Das grüne Haus".

Die Geschichten begegnen dem Leser in Form von Fragmenten, die einander abwechseln und in ihrem wiederholten Auftauchen zu wiedererkennbaren Handlungsssträngen zusammenwachsen. Ein solcher Aufbau der Makrostruktur ist in einem eigentümlichen Sinn "poetisch": der Text folgt seinen eigenen, nur für ihn gültigen Regeln, durchbricht sie aber zugleich spielerisch.

Zwei Tage später lese ich dann den Roman, an einem Nachmittag. Die kleinen Hunde. Das Leben, in sechs Kapiteln. Während es draußen so warm ist, dass ich schließlich umziehe auf die Terrasse. Und dann dort weiterlese. Während die Blätter gelb fallen. Auf das Gras, das vom Sommer noch ganz satt ist.

Und plötzlich ein Schluchzen, sprich dich halt aus, was war denn passiert, und er nichts, verdammt noch mal, war eben ein bißchen traurig geworden, sonst nichts, und sie über was denen, wo's Leben doch so dufte war, Genosse, und er über einen Haufen Sachen, und Manuco über was zum Beispiel, und er weil man die ganze Zeit nur arbeitete oder soff oder sich rumtrieb, alle Tage dasselbe und plötzlich war man alt und starb, verrückt, nicht? ja.

Ein Satz, das Leben. Verrückt, nicht?

Ja.

Sunday, November 02, 2008

Klassiker



November. Und ich bin bei W angelegt. Bei Oscar Wilde und Tennessee Williams. Bei Cat on a Hot Tin Roof und The Importance of Being Earnest. Was mir erst daheim auffällt: ich bin auch bei einer neuen alten Gattung angelangt. Beide Bücher sind keine Romane. Sondern Theaterstücke. Und auch: Lebensstücke. Das erste, voller Ernst.

Big Daddy: Brick, you know, I swear to God, I don't know the way it happens?
Brick: The way what happens, Big Daddy?
Big Daddy: You git you a piece of land, by hook or crook, an' things start growin' on it, things accumulate on it, and the first thing you know it's completely out of hand, completely out of hand!
Brick: Well, they say nature hates a vacuum, Big Daddy.

Das Gegenstück dazu: Oscar Wilde. Eine Verwechslungsgeschichte, leichtherzig, selbstironisch, überraschend modern.

Algernon: The truth is rarely pure and never simple. Modern life would be tedious if it were either, and modern literature a complete impossibility.
Jack: That wouldn't be a bad thing.


Wilde selbst schrieb dazu: "It is exquisitely trivial, a delicate bubble of fancy, and has its own philosophy -- that we should treat all the trivial things of life seriously and all the serious things of life with sincere and studied triviality."

Als kleine Überraschung kam dann genau diese Woche Die Katze auf dem heißen Blechdach auf 3Sat. Mit Liz Taylor und Paul Newman. Ein Film, der aus der Zeit stammt, in der Titel noch 1:1 übersetzt wurden.

Saturday, November 01, 2008

Zwischen den Stühlen



Von Thomas Mann bis Ingeborg Bachmann. Von Erich Kästner bis Patrick Süßkind. Von Christa Wolf bis Christian Kracht. Von 1945 bis jetzt. Von Volker Weidermann. In 326 Seiten. Zeitgeschichte in Autorenporträts, komprimiert und packend und weitsichtig und fesselnd.

Schreiben gegen die Zensur und auf dem Bitterfelder Weg, Schreiben als Neuerfindung, als politischer Akt, als Selbstbefreiung und Kampf und Wahn und Glück. Und Leben.
Wie hängt das zusammen? Das hat mich immer interessiert. Das Leben und das Schreiben. Wo kommt einer her? Wie entstehen die guten und also notwendigen Bücher? Was ging da für ein Kampf voraus? Was ist das für ein Mensch, der dieses Buch geschrieben hat?


Ich fange bei Kapitel 1 an, am 8. Mai 1945. Und kann nicht aufhören zu lesen. Über Hilde Domin und Thomas Mann im Exil. Über Verlorene und Heimkehrer. Über Wolfgang Borchert. Draußen vor der Tür. Gelesen in der Schule. Das Buch, irgendwann verschütt gegangen, und dennoch noch da. All die Bücher. All die Autoren.

Seltsam passend dazu, das Zeit Designheft über die Kunst des Sitzens.